Epigenetik bereitet Gehirnzellen auf Gedächtnisbildung vor

Das Chromatin von Neuronen kann unterschiedlich kompakt sein (je roter desto kompakter). Je offener das Chromatin ist, desto eher ist die Zelle an der Gedächtnisbildung beteiligt (grün). (Bildrechte: Giulia Santoni / EPFL)

Wenn wir lernen, verändern sich Nervenzellen in unserem Gehirn. Das gelingt nicht zuletzt deshalb, weil die Zellen epigenetische Strukturen umbauen und so die Aktivierbarkeit ihrer Gene verstellen. Doch was entscheidet darüber, welche der vielen möglichen Zellen sich tatsächlich wandeln? Es sind nämlich immer nur wenige von vielen gleichartigen Zellen, die ein äußerer Reiz innerhalb eines Netzwerks erregt, die letztlich zur Gedächtnisbildung beitragen. Jetzt konnten Forschende aus Lausanne in Experimenten mit Mäusen zeigen, dass auch an dieser Vorauswahl der Nervenzellen die Epigenetik beteiligt ist.

Epigenetische Therapie von MS bei Mäusen

In Zellen eines menschlichen Gehirn-Organoids verstärkte die ESI1-Behandlung die Produktion von Myelinscheiden, wie die dicken, langen grünen Stränge in diesem konfokalen Mikroskopbild zeigen. (Bildrechte: Cincinnati Children's Hospital Medical Center)

Multiple Sklerose ist eine tückische, unheilbare Krankheit, bei der nach und nach die Myelinscheiden verschwinden, die viele Nervenzellen als eine Art Schutzschicht umgeben und weitere wichtige Funktionen haben. Bisherige Therapien bremsen das Fortschreiten des Leidens. Es gibt aber noch keine Behandlung, die zerstörte Zellen wieder regeneriert und damit in Richtung einer möglichen Heilung führt.

Ein neuer Ansatz scheint jetzt genau dieses Ziel mit Hilfe einer epigenetischen Umprogrammierung betroffener Zellen zu erreichen. Bislang wurde das Verfahren aber nur bei Mäusen und in der Petrischale getestet.

Die Vermessung des Gehirns

Das Ziel der systematischen Erforschung von DNA-Methylierungsmustern auf Einzelzell-Ebene: Wie „BarCodes“ sollen zukünftige „scMCodes“ helfen, Zellen rasch zu identifizieren und einem Zelltyp zuzuordnen. Das Bild zeigt einen anatomischen Gehirnquerschnitt, eine Abstraktion des Gehirns mit Regionen, die als farbige Kreise (blau, rot, grün und gelb) dargestellt sind, und einen Barcode zur Darstellung der von den Wissenschaftlern verwendeten Technik. (Bildrechte: Salk Institute)

Wei Tian et al.: Single-cell DNA methylation and 3D genome architecture in the human brain. Science 382, 13.10.2023, doi: 10.1126/science.adf5357. Yang Eric Li et al.: A comparative atlas of single-cell chromatin accessibility in the human brain. Science 382, 13.10.2023, doi: 10.1126/science.adf7044. Alyssa Weninger & Paola Arlotta: A family portrait of human brain cells. Science 282,… Die Vermessung des Gehirns weiterlesen

Pankreas-Krebs 1: Offenes Chromatin macht mutierte Zellen bösartig

Cassandra Burdziak et al.: Epigenetic plasticity cooperates with cell-cell interactions to direct pancreatic tumorigenesis. Science 380, 12.05.2023, eadd5327. Das duktale Adenokarzinom der Bauchspeicheldrüse gehört zu den besonders aggressiven Krebs-Arten (s. auch die folgende Meldung). „Typischerweise ist es für eine kurative Behandlung bereits zu spät, wenn es entdeckt wird“, schreiben Cassandra Burdziak und Kolleg*innen in einem… Pankreas-Krebs 1: Offenes Chromatin macht mutierte Zellen bösartig weiterlesen

Chromatinmuster bei koronarer Herzkrankheit

Adam W. Turner et al.: Single-nucleus chromatin accessibility profiling highlights regulatory mechanisms of coronary artery disease risk. Nature Genetics 54, 19.05.2022, S. 804-816. Das komplexe Geschehen multifaktorieller Leiden lässt sich mit modernen molekularbiologischen Methoden immer besser erfassen. Dazu gehört auch die Analyse des Chromatinmusters (Gemisch aus Protein und DNA), mit dem das Erbgut die Zugänglichkeit… Chromatinmuster bei koronarer Herzkrankheit weiterlesen

Seyit Kale

Seyit Kale, Leiter der AG für Computergestützte Biophysik, Izmir Zentrum für Biomedizin und Genomik. (Bildrechte: EMBO / Jens Hedinger)

Seyit Kale, Leiter der Arbeitsgruppe für computergestützte Biophysik am Izmir Biomedicine and Genome Center, Türkei, erhielt einen von sechs Installation Grants der Europäischen Organisation für Molekularbiologie (European Molecular Biology Organization, EMBO). Über drei bis fünf Jahre hinweg wird nun die Arbeit seines Teams mit 50.000 Euro pro Jahr unterstützt. Mit dem Geld möchten er und… Seyit Kale weiterlesen

Asifa Akthar

Prof. Dr. Asifa Akthar (Bildrechte: MPI für Immunbiologie und Epigenetik, Rockoff)

Asifa Akthar, seit 2013 Direktorin am Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg und seit 2019 Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, erhält den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis 2021. Die Auszeichnung gilt als bedeutendster Förderpreis für die Forschung in Deutschland. Sie wird alljährlich an zehn Wissenschaftler*innen vergeben, die das Preisgeld von je 2,5 Millionen Euro… Asifa Akthar weiterlesen

Offenes Chromatin lesen

Karl J.V. Nordström et al.: Unique and assay specific features of NOMe-, ATAC- and DNase I-seq data. Nucleic Acids Research 47, 18.11.2019, S. 10580-10596. Es wird in der Epigenetik immer wichtiger, sich rasch einen guten Überblick darüber zu verschaffen, wo im Chromatin genannten DNA-Protein-Gemisch einer Zelle zu einem bestimmten Zeitpunkt besonders zugängliche Stellen sind. An… Offenes Chromatin lesen weiterlesen

Barcelona, 27. – 28.01.2020: Das Genom in 3-D

www.crg.eu/en/event/cellviewer-international-symposium-seeing-and-decoding-nuclear-function-and-structure Dieses interdisziplinäre CellViewer-Symposium widmet sich unter dem Thema Seeing and decoding nuclear function and structure der Struktur des Chromatin genannten DNA-Protein-Gemischs und der Bedeutung der Dreidimensionalen Faltung des Erbguts im Zellkern für die Genregulation. Vor allem der zweite Aspekt ist eines der neuesten und spannendsten Teilgebiete der Epigenetik. Denn es spielt offenbar eine große… Barcelona, 27. – 28.01.2020: Das Genom in 3-D weiterlesen

Lesen im Chromatin der Krebszelle

M. Ryan Corces et al.: The chromatin accessibility landscape of primary human cancers. Science 362, 26.10.2018, eaav1898. Jussi Taipale: The chromatin of cancer. Science 362, 26.10.2018, S. 401-402. Stanford Video: youtu.be/uoc7qOrrhrQ Genetiker haben das Genom von Krebszellen in den letzten Jahren sehr gut erforscht und viele neue Erkenntnisse gewonnen. Es ging dabei um Mutationen, die… Lesen im Chromatin der Krebszelle weiterlesen