Offenes Chromatin lesen

Karl J.V. Nordström et al.: Unique and assay specific features of NOMe-, ATAC- and DNase I-seq data. Nucleic Acids Research 47, 18.11.2019, S. 10580-10596.

Es wird in der Epigenetik immer wichtiger, sich rasch einen guten Überblick darüber zu verschaffen, wo im Chromatin genannten DNA-Protein-Gemisch einer Zelle zu einem bestimmten Zeitpunkt besonders zugängliche Stellen sind. An diesen Stellen gibt es nur wenige Nukleosomen – also kugelartige Gebilde aus acht Histonproteinen um die die DNA 2,5 Mal aufgewickelt ist. Ablese-Enzyme und Transkriptionsfaktoren, die die DNA-Aktivität kontrollieren, können hier besonders leicht an die DNA binden. Deshalb handelt es sich in der Regel um Bereiche, in denen die DNA stark abgelesen wird und Gene besonders aktiv sind.

So genannte Chromatin-Zugangskarten zeigen, wo diese zugänglichen Stellen liegen. Sie liefern deshalb wichtige Informationen über das Programm, in dem sich eine Zelle gerade befindet. Derzeit existieren drei gängige Verfahren, solche Karten zu erzeugen. Sie heißen NOMe-seq, ATAC-seq und DNase I-seq.

Jetzt haben Forscher*innen um Jörn Walter, Mitherausgeber dieses Newsletters, im Rahmen des deutschen Epigenomprogramms DEEP Resultate miteinander verglichen, die mit allen drei Verfahren gewonnen worden waren. Dabei ergaben sich bei den hervorstechendsten Nukleosom-armen Regionen erstaunlich ähnliche, in anderen, teils besonders wichtigen Fällen aber auch deutlich voneinander abweichende Resultate. Zudem konnte die aufwändigste Methode, NOMe-seq, dem Erbgut noch zusätzliche Details über die Funktion der jeweiligen epigenetischen Veränderungen entlocken. Sind diese relevant, sollte man in Zukunft wohl eher auf diese teurere Methode zurückgreifen, folgern die Forscher. Insgesamt sei es wichtig, sich der Stärken und Schwächen der einzelnen Verfahren bei der Auswahl des experimentellen Designs bewusst zu sein.