Neues Zeichen im Histon-Code

Zhesi Zhu et al.: Identification of lysine isobutyrylation as a new histone modification mark. Nucleic Acid Research 49, 11.01.2021, S. 177-189.

„Es ist immer wieder interessant, wie neu entdeckte Modifikationen der Histone den Histon-Code komplexer machen“, sagt die Epigenetikerin und Mitherausgeberin dieses Newsletters, Susanne Müller-Knapp vom Structural Genomics Consortium an der Universität Frankfurt am Main. Im Jahr 1996 entdeckten der US-Amerikaner C. David Allis und Kolleg*innen das erste Enzym, das Histonproteine verändert und damit die epigenetische Regulation von Genen verstellt. Als Histonacetyltransferase lagert es Acetylgruppen an Histone an und erleichtert so das Ablesen nahe gelegener Gene. Seitdem ist der Histon-Code um viele weitere „Zeichen“ ergänzt worden. Es gibt Methylierungen, Phosphorylierungen, verschiedene Arten von Acetylierungen, Butyrylisierungen und vieles mehr. Selbst der Muskelkater-Stoff Laktat kann Histone modifizieren (siehe Newsletter Epigenetik 32).

Jetzt kam zur Freude von Müller-Knapp die Isobutyrylisierung hinzu. Isobutyryl besteht aus vier Atomen Kohlenstoff, vier Atomen Wasserstoff und einem Sauerstoff-Atom. Offenbar sind Zellen in der Lage, es an bestimmte Lysin-Aminosäuren der Histone vom Typ 3 und 4 anzulagern, fand das Entdeckerteam um Zhesi Zhu aus den USA heraus. Außerdem scheint die neu entdeckte Histonmodifikation eigenständige Aufgaben im Histon-Code zu haben, die in Zukunft noch genauer erforscht werden müssen.

Das wird spannend, denn es kommt manchmal zu Entwicklungsstörungen bei Neugeborenen, wenn der Stoffwechsel nicht in der Lage ist, den Stoff aus Vorstufen herzustellen – etwa zu einer verzögerten Sprachentwicklung oder einer Herzvergrößerung. Außerdem sind diese Vorstufen in manchen Nahrungsmitteln besonders zahlreich enthalten, und sie werden von bestimmten Mikro-Organismen im Darm erzeugt. Einmal mehr zeigt sich also, wie die Epigenetik das Bindeglied zwischen Lebensstil und Umweltfaktoren auf der einen und der Regulation der Gene und unserer Gesundheit auf der anderen Seite sein kann.