Altbekanntes epigenetisches Enzym hat neue Aufgabe

Chuck Haggerty et al.: Dnmt1 has de novo activity targeted to transposable elements. Nature Structural and Molecular Biology 28, 07/2021, S. 594-603.

Auch wenn die Epigenetik ein junges Forschungsgebiet ist, so gibt es doch ein paar scheinbar fest zementierte Regeln. Dazu gehörte bis jetzt die klar umrissene Aufgabe des Enzyms DNA-Methyltransferase-1, kurz DNMT1. Man dachte, es dient Zellen einzig dazu, nach der Teilung das epigenetisch wichtige Muster der DNA-Methylierung zu vervollständigen. Aus der ursprünglich beidseitig methylierten Doppelhelix wird zunächst nämlich ein Molekül, bei dem nur der eine von beiden Strängen methyliert ist. Rasch eilt deshalb DNMT1 herbei und methyliert den zweiten Strang gezielt an jenen Stellen, an denen der erste Strang eine CH-3-Gruppe trägt. Erst danach entspricht das DNA-Methylierungsmuster der Tochterzelle jenem der Mutter.

Doch das ist nicht die ganze Wahrheit, zeigte jetzt ein deutsch-US-amerikanisches Forscher*innenteam um zwei Mitherausgeber dieses Newsletters, Jörn Walter und Alexander Meissner. Zu den wichtigen Aufgaben der DNA-Methylierung gehört auch, so genannte Retrotransposons stumm zu schalten. Diese DNA-Abschnitte erinnern an Viren und wurden vermutlich einst von solchen eingeschleust. Damit sie keinen Schaden anrichten, erkennt sie die Zelle und lagert Methylgruppen an. Bislang dachte man, diese Aufgabe übernähmen nur DNMTs vom Typ 3a und 3b. Nun zeigt sich, dass das zumindest für embryonale Stammzellen von Mäusen nicht stimmt.

Mit einer Reihe gentechnischer Tricks schalteten Walter, Meissner und Co. verschiedene der epigenetischen Enzyme aus und teilweise wieder an. Nun zeigte sich, dass DNMT1 sehr wohl Retrotransposons erkennen und diese auch dann abschalten kann, wenn sich an keinem DNA-Strang Methylgruppen befinden. Dieser bislang unbekannte Mechanismus dürfte dazu beitragen, dass die wichtige Unterdrückung der Retrotransposons im Zuge der Entwicklung von Säugetieren ununterbrochen gewährleistet ist, vermuten die Epigenetiker*innen.