In der Umgebung der Gene von Säugetier-Zellen sitzen verschiedene epigenetische Schalter und Dimmer, je nachdem, ob es sich um weibliches oder männliches Erbgut handelt. Spermien sind folglich anders programmiert als Eizellen. Fachleute nennen dieses Phänomen epigenetisches Imprinting (auf Deutsch genomische Prägung): Je nach Geschlecht wird eine jeweils andere Gruppe von Genen auf inaktivierbar gestellt.
Während wir von gewöhnlichen Genen stets zwei aktivierbare Varianten in unseren Zellen tragen – eine von der Mutter und eine vom Vater, ist es von diesen Genen immer nur eine, die entweder von der Mutter oder vom Vater stammt.
Der Versuch, mit Hilfe moderner Reproduktionstechnik ein neues Leben aus zwei männlichen oder zwei weiblichen Säugetier-Zellen zu zeugen, muss also scheitern. Immer wird ein Satz von Genen überaktiv sein, weil er zweimal statt einmal aktivierbar ist, und ein weiterer Satz kann gar nicht abgelesen werden, da beide Genvarianten epigenetisch stumm geschaltet sind. Aus dem gleichen Grund existiert bei Säugetieren auch keine Parthenogenese, bei der sich ein Organismus sozusagen selbst klont.
Doch schon seit einigen Jahren versuchen chinesische Forschende, die Schranke des Imprintings mit Hilfe gentechnischer Hilfsmittel bei Mäusen zu überwinden. Zhi-kun Li und Kollegïnnen gelang es bereits im Jahr 2018 das Imprinting-Muster weiblicher embryonaler Stammzellen so zu verändern, dass man mit ihrer Hilfe und einer normalen Eizelle gesunde weibliche Mäuse zeugen konnte.
Beim Versuch, auf ähnlichem Weg gesunde Nachkommen zweier Väter zu erhalten, scheiterten die Forschenden indes. Sie pflanzten den Kern einer genetisch veränderten männlichen Stammzelle anstelle des vorher entfernten natürlichen Kerns in eine Eizelle ein und befruchteten diese mit einem normalen Spermium. Doch offenbar war das Imprinting der neuen Pseudo-Eizelle nicht ausreichend verändert, denn alle so gewonnenen Mäuse starben noch als Embryonen.
Die Chinesïnnen ließen nicht locker und manipulierten das epigenetische Muster der männlichen Stammzellen in immer mehr Regionen der DNA. Jetzt gelang ihnen ein erster Durchbruch. Nachdem die genomische Prägung an 20 Abschnitten von männlich auf weiblich umgestellt worden war, gelang es, mit Hilfe einer weiteren männlichen Zelle gesunden Nachwuchs zu zeugen.
Allerdings starben mehr als die Hälfte der Tiere, bevor sie erwachsen waren. Zudem alterten die Mäuse ungewöhnlich schnell – und sie waren unfruchtbar. Die Forschenden sind aber zuversichtlich, auch diese Probleme in Zukunft lösen zu können. Fest stehe schon jetzt, dass das Imprinting der maßgebliche Grund sei, warum es keine Säugetiere mit gleichgeschlechtlichen Eltern geben könne.
Diese Erkenntnis ist das eigentlich neue an der Studie: Denn schon vor zwei Jahren gelang es einem japanischen Forschendenteam, mit den Zellen zweier männlicher Mäuse gesunden Nachwuchs zu zeugen, der sogar fruchtbar war. Damals nutzte man aber keine gezielte Umwandlung der Epigenetik, sondern ließ die Zellen sich so oft künstlich teilen, bis eine auf mehr oder weniger natürlichem Weg ihr Y-Chromosom verlor und anschließend das X-Chromosom verdoppelte. Infolgedessen scheinen sich die Zellen ganz von alleine von männlich auf weiblich umprogrammiert zu haben.