Mäuse mit zwei Müttern

Eine Maus mit zwei Müttern und keinem Vater ist völlig gesund und hat sogar auf natürlichem Weg gesunde Junge bekommen (Bildrechte: Leyun Wang).

Zhi-Kun Li et al.: Generation of bimaternal and bipaternal mice from hypomethylated haploid ESCs with imprinting region deletions. Cell Stem Cell 23, 01.11.2018, S. 665-676.

Seit den 1980er Jahren scheiterten Biologen immer wieder damit, aus dem Erbgut zweier Ei- oder zweier Samenzellen Nachwuchs zu erzeugen. Seitdem ist eigentlich klar: Säugetiere mit gleichgeschlechtlichen Eltern kann es nicht geben. Verantwortlich dafür ist ein Phänomen namens Imprinting oder genomische Prägung: Weibliche Säuger legen einige Gene in ihren Eizellen gezielt mit epigenetischen Markern lahm. Männliche Säuger machen das gleiche in ihren Samenzellen, allerdings an anderen Genen. Nur die Kombination aus mütterlich und väterlich geprägtem Erbgut ist deshalb lebensfähig, weil nur sie von jedem Gen mindestens eine aktivierbare Variante enthält.

Diese junge Maus hat zwei biologische Väter. Solche Tiere leben bislang maximal 48 Stunden (Bildrechte: Leyun Wang).

Mit Hilfe des neuen Verfahrens zur Genom- und Epigenom-Editierung, CRISPR/Cas9, machten jetzt jedoch Genetiker von der Chinesischen Wissenschaftsakademie in Peking das Imprintingmuster einzelner Stammzellen von weiblichen Mäusen in drei Regionen rückgängig. Zuvor waren die Zellen in ein besonders urtümliches Stadium zurückversetzt worden. Schließlich entnahmen die Genetiker einer dieser reprogrammierten und Epigenom-​editierten Zellen das Erbgut und spritzen es in eine gewöhnliche Eizelle. Ähnlich wie bei einer normalen Empfängnis entstand nun eine Eizelle mit doppeltem Chromosomensatz.

Solche Zellen pflanzten die Forscher in 210 weibliche Mäuse ein, aus denen sich letztlich 29 Tiere entwickelten. Das entspricht der durchschnittlichen Erfolgsquote bei dieser Form der künstlichen Befruchtung. Diese Mäuse mit zwei Müttern sind zwangsläufig alle weiblich. Äußerlich und vom Verhalten unauffällig und gesund, haben sie zudem eine normale Lebenserwartung. Ihre Fruchtbarkeit ist laut den Daten der Chinesen durchschnittlich. Und auch ihre per Sex mit gewöhnlichen Männchen gezeugten Nachkommen sind völlig normal. Sollte sich dieses Experiment eines Tages auf den Menschen übertrage lassen, könnten homosexuelle Paare gemeinsame biologische Kinder bekommen.

Noch viel komplizierter war es für die Forscher, Mäuse mit zwei Vätern und keiner Mutter zu erschaffen. Erst als die Genetiker in männlichen Spenderstammzellen sieben DNA-​Abschnitte per CRISPR-Genschere epigenetisch verändert hatten, gelang es ihnen in 477 Anläufen immerhin zwölf neue Mäuse zu erzeugen. Die Jungtiere waren von Leihmüttern ausgetragen worden. Sie waren fehlentwickelt und starben gut zwei Tage nach der Geburt. Trotzdem ist auch dieser Schritt bereits ein großer Erfolg. Und jetzt wollen die Forscher weitere Stellen im männlich geprägten Erbgut aufspüren, die sie editieren müssen, um auch hier die Erfolgsquote zu steigern.

Einen Hintergrund-Artikel zum Thema Imprinting und vielen weiteren Details aus der vorgestellten Studie lesen Sie im Online-Magazin Erbe&Umwelt bei
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www.riffreporter.de/erbe-umwelt-peter-spork/zwei_muetter/