Wie Sport die Zellen verändert

Maléne E. Lindholm et al.: An integrative analysis reveals coordinated reprogramming of the epigenome and the transcriptome in human sceletal muscle after training. Epigenetics, 07.12.2014, Online-Vorabpublikation.

Regelmäßige Bewegung ist gesund. Sie schützt vor Herz-Kreislauf- und Stoffwechsel-Erkrankungen und vor manchen Arten von Krebs. Dass daran auch Veränderungen des Zellstoffwechsels und der Aktivität einzelner Gene in der Muskulatur beteiligt sind, wurde bereits mehrfach gezeigt. Im Jahr 2012 gelang sogar der Beleg, dass ein 20-minütiges Training auf dem Ergometer, das Muster der epigenetisch wichtigen Methylierung an der DNA der Muskelzellen beeinflusst (siehe Newsletter Epigenetik 2/2012). Und 2013 zeigten Forscher, dass ein sechsmonatiges Sportprogramm die Epigenome von Fettzellen grundlegend verändert (siehe Newsletter Epigenetik 4/2013). Doch was Maléne Lindholm und Kollegen von der Karolinska Universität in Stockholm nun herausfanden, macht die epigenetische Erbe-Umwelt-Interaktion so verblüffend anschaulich, wie kaum eine Studie zuvor.

23 untrainierte junge Probanden mussten drei Monate ihre Beinmuskulatur stärken. Sie radelten vier Mal pro Woche für 45 Minuten auf einem speziellen Ergometer – allerdings nur mit einem Bein. Das andere Bein blieb ungeübt. In der Zeit entnahmen die Forscher Gewebeproben und analysierten die epigenetischen Schalter der Muskelzellen. Das Training blieb natürlich nicht ohne Effekt: Die Muskulatur veränderte sich rein äußerlich, und auch der Zellstoffwechsel stellte sich um. Verantwortlich dafür waren wohl eine epigenetische Wandlung der neuerdings so intensiv benutzten Zellen. An knapp 5.000 Stellen ergab der Vergleich zwischen vorher und nachher systematische epigenetische Veränderungen am Muster der DNA-Methylierung, darunter mehr als 800, die besonders deutlich waren. Mal war das Erbgutmolekül mehr, mal weniger stark methyliert.

Besonders häufig betraf die Veränderung so genannte „Enhancer“, also Stellen, die die Aktivität von Gene verstärken können. Zwangsläufig veränderte sich das Genexpressionsmuster der Zellen. Exakt 4076 Gene wurden mehr oder weniger stark abgelesen als zuvor. Selbstverständlich waren darunter auch Gene, die wichtig für die Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit der Muskelzelle sind. Was die Studie allerdings besonders elegant und aussagekräftig macht, ist die Art der Ergebnis-Kontrolle. All die epigenetischen Effekte zeigten sich nämlich nur in den trainierten Beinen. Die Epigenome der untrainierten Beine blieben praktisch unverändert.