Die Arbeitsgruppe um Roberto Bonasio und Shelley Berger von der University of Pennsylvania, USA, erforscht seit Jahren die faszinierende Epigenetik der Ameisen (siehe auch Newsletter Epigenetik 03/2010: Lang lebe die Königin). Obwohl die Tiere eines Staates genetisch sehr ähnlich sind, können sie sich zu den verschiedensten Kasten mit unterschiedlichsten Eigenschaften entwickeln. Diese phänotypische Plastizität wird offenbar weitgehend epigenetisch gesteuert. Nun hat sich das Team Vertreter der Springameise Harpegnathos saltator genauer angeschaut und Hinweise auf allgemeine Prozesse des Alterns von Tieren gefunden. Die Erkenntnisse helfen vielleicht sogar, menschliche Demenz in Zukunft besser zu verstehen.
Königinnen der Springameise leben sehr viel länger als Arbeiterinnen. Unter bestimmten äußeren Bedingungen geschieht es zudem, dass sich eine Arbeiterin via epigenetischer Umprogrammierung in eine Art Königin verwandelt. Diese verhält sich danach wie eine Königin und lebt anstatt der zu erwartenden sieben Monate drei Jahre lang. Hunderte Gene in den Zellen ihres Gehirns sind nach der Wandlung in einem anderen Modus aktiv. Bonasio und Kolleg*innen entdeckten nun mit der molekularbiologischen Analyse einzelner Gehirn-Zellen von elf Tieren, dass es vor allem ein Zelltyp ist, der durch die Verwandlung zunimmt. Es handelt sich um so genannte umhüllende Gliazellen. Diese umgeben Nervenzellen, isolieren und beschützen sie, helfen zudem dabei, geschädigte Zellen zu reparieren und scheinen insgesamt dazu beizutragen, dass das Gehirn langsamer altert.
Da sich das Resultat auch bei anderen Insekten findet, folgern die Forscher*innen, dass die Menge der umhüllenden Glia bei diesen Tieren die Alterung womöglich sogar steuert und bei sozialen Insekten wie Ameisen und Bienen zu den dramatischen Unterschieden in der Lebenserwartung beiträgt. Zudem könnten die Resultate sogar zum besseren Verständnis des alternden menschlichen Gehirns beitragen.