Epigenetik reagiert nicht auf Gewichtszunahme

Entgegen früheren Resultaten verändert eine Gewichtszunahme bei Menschen mit Magersucht die Epigenetik nicht.
Prof. Dr. Anke Hinney (li) und Erstautorin Dr. Luisa Rajcsanyi (re) bei der Auswertung von Methylierungsmustern (Bildrechte: UDE)

Luisa Sophie Rajcsanyi et al.: No indications of weight gain associated DNA methylation changes in patients with anorexia nervosa. Scientific Reports 15, 07.08.2025, Nr. 28870.

Viele Studien zeigen, dass Veränderungen des Lebensstils die epigenetisch aktive Umgebung der Gene in betroffenen Körperzellen verwandeln und damit die Genregulation dauerhaft beeinflussen können. Überernährung prägt zum Beispiel die Epigenetik von Fettzellen, und Sport verändert die Epigenetik der Muskulatur. Nicht zuletzt deshalb nimmt man an, dass die Epigenetik jene Schnittstelle ist, über die der Lebensstil die Gesundheit und Lebenserwartung von Menschen beeinflussen kann.

Niemand wunderte sich deshalb, dass Forschende in früheren Studien im Blut von Menschen, die wegen einer Anorexia nervosa stark abgemagert waren, epigenetische Auffälligkeiten fanden. Das Leiden, das auch als Magersucht bezeichnet wird, schien vor allem die Umgebung eines Gens namens NR1H3 zu beeinflussen.

Allerdings widersprachen sich die Resultate: Mal waren in der Nähe des Gens an der DNA besonders viele, mal waren dort besonders wenige Methylgruppen angebracht. Das Gen konnte also mal besonders gut und mal besonders schlecht abgelesen werden.

Ein Team um Anke Hinney vom Universitätsklinikum Essen schaute deshalb jetzt bei 189 Patientinnen und 67 gesunden Kontrollpersonen ganz genau nach. Doch dieses Mal fanden sich am untersuchten Gen keinerlei systematische epigenetische Besonderheiten. Selbst bei drei Patientinnen, die Im Laufe des Beobachtungszeitraums dank einer erfolgreichen Therapie deutlich Gewicht zugelegt hatten, veränderte sich am NR1H3-Gen epigenetisch nichts.

Für jene Expertïnnen, die in der Epigenetik bereits die Ursache für die Essstörung vermuteten, ist das Resultat ein klarer Dämpfer. Allerdings müssen zukünftige Studien noch klären, ob sich die Epigenetik langfristig nicht doch verändert – und ob andere Zellen in anderen Geweben womöglich doch entscheidend betroffen sind.