Ian Maze et al.: Cocaine dynamically regulates heterochromatin and repetitive element unsilencing in nucleus accumbens. PNAS 108, 15.02.2011, S. 3035-3040.
Sucht scheint ein epigenetisch gesteuertes Phänomen zu sein. So entdeckte das Team des US-Psychiaters Eric Nestler vor rund einem Jahr, wie dauerhafter Kokainkonsum ein histonmodulierendes Enzym in den Nervenzellen der Belohnungszentren (Nuclei accumbentes) unterdrücken kann (siehe Newsletter Epigenetik 1/2010). Nun legte die Gruppe nach: Das Kokain sorgt einer neuen Studie zufolge in den Nervenzellen dafür, dass sich zusammengefaltetes und deshalb inaktives so genanntes Heterochromatin lockert. Dieser Prozess macht weite Teile des Erbguts wieder aktivierbar.
Die Forscher schreiben, das Suchtmittel verändere „dramatisch und dynamisch“ den Grad der Trimethylierung des Lysins an Position neun des Histons drei (H3K9me3). Passend dazu beobachteten sie einen deutlichen Rückgang der Heterochromatisierung – und zwar vor allem an repetitiven DNA-Abschnitten, in denen sich immer wieder der gleiche Code wiederholt. Das sei vermutlich ein Auslöser der langfristigen Veränderungen des Gehirns, die zur Drogenabhängigkeit führten. Damit sei die Tür für ein besseres Verständnis von Suchterkrankungen geöffnet und vielleicht auch ein neuer Weg zu effektiven Gegenmitteln gefunden.