Epigenetik der Depression

Olivera Story Jovanova et al.: DNA methylation signatures of depressive symptoms in middle-aged and elderly persons. JAMA Psychiatry 75, 01.09.2018, S. 949-959.

Bethany Crawford et al.: DNA methylation and inflammation marker profiles associated with a history of depression. Human Molecular Genetics 27, 15.08.2018, S. 2840-2850.

Immer mehr Forscher untersuchen den Zusammenhang zwischen Depressionen und epigenetischen Auffälligkeiten. Sie hoffen auf neue Erkenntnisse über das biologische Substrat, das die Wirkung von Umwelteinflüssen auf das Erkrankungsrisiko vermittelt. Parallel findet man zwar auch immer mehr genetische Varianten, die anfälliger für Depressionen machen, doch können Abweichungen im Text der DNA nur einen Teil des Gesamtrisikos erklären. So gelten traumatische Erfahrungen und toxischer Stress als wichtige, Depressionen begünstigende Umwelteinflüsse. Nun kamen zwei neue Studien hinzu. Beide erhärten die Vermutung, dass epigenetische Veränderungen als Mittler zwischen Erbe und Umwelt auch bei Depressionen ein gewichtiges Wörtchen mitreden.

Ein internationales Team um Erstautorin Olivera Story Jovanova von der Erasmus Universität in Rotterdam schaute sich in einer Meta-Analyse bei insgesamt 7.948 Personen den Zusammenhang zwischen dem epigenetisch aktiven Methylierungsmuster der DNA von Blutzellen und dem Auftreten von Depressionen an. Dabei fielen vor allem an drei Abschnitten des Erbguts wichtige Korrelationen auf. An diesen Stellen war das DNA-Methylierungsmuster in mehreren Studien und unabhängig von der Art der Erfassung der Depression verändert. Zwar könne man daraus nicht auf einen ursächlichen Depressionsauslöser schließen, schreiben die Forscher. Aber die beteiligten Gene hätten wichtige regulatorische Funktionen in Nervenzellen, und epigenetische Veränderungen an allen drei Stellen könnten theoretisch das Wachstum der Axone genannten Nervenzellauswüchse behindern. Dass dieses Wachstum bei Depressionen oft geschwächt ist, sei bereits bekannt.

Die andere Studie, durchgeführt von einer britischen Gruppe um Erstautorin Bethany Crawford, analysierte das DNA-Methylierungsmuster im Blut von 200 Menschen, von denen die Hälfte früher an einer Depression erkrankt war. Auch in dieser Studie fanden die Forscher Korrelationen zwischen epigenetischen Besonderheiten und früheren Depressionen. Betroffen war dabei auch ein Gen, das den Forschern bereits aus genomweiten Assoziationsstudien bekannt ist. Es könnte das Risiko für Depressionen also sowohl beeinflussen, wenn der Text dieses Gens verändert ist, als auch, wenn es womöglich infolge eines Umwelteinflusses epigenetisch anders reguliert wird. Gezielt suchten die Forscher zudem nach Zusammenhängen mit ebenfalls früher aufgetretenen chronischen Entzündungen. Man weiß nämlich bereits, dass auch Entzündungskrankheiten das Risiko für Depressionen erhöhen. Tatsächlich entdeckten die Forscher eine epigenetische Auffälligkeit, die nur jene Menschen miteinander teilten, die sowohl Depressionen als auch eine chronische Entzündung gehabt hatten.