Du bist, was dein Vater isst

Archana Tomar et al.: Epigenetic inheritance of diet-induced and sperm-borne mitochondrial RNAs. Nature 630, 05.06.2024, S. 720-727.

Chen Chai & Qi Chen: Father’s diet influences son’s metabolic health through sperm RNA. Nature 630, 05.06.2024. S. 571-573.

Dass die Ernährung von Müttern während der Schwangerschaft einen großen Einfluss auf die spätere Gesundheit ihrer Nachkommen hat, ist längst bekannt. Der Lebensstil der Schwangeren beeinflusst die Epigenetik der Kinder und prägt sie so mitunter für den Rest ihres Lebens. Allerdings scheint das Essverhalten der Väter eine ganz ähnliche Rolle zu spielen. Wie hierbei die Übertragung des Lebensstils auf die Molekularbiologie der Kinder gelingt, ist aber noch weitgehend unbekannt.

Epigenetikerïnnen des Instituts für Diabetesforschung am Helmholtz Zentrum München entdeckten nun in Experimenten mit Mäusen eine neue Erklärung für das Phänomen. Während die Spermien des Mannes in den Nebenhoden heranreifen, regieren die Kraftwerke ihrer Zellen – die Mitochondrien – auf eine zu kalorienreiche Ernährung mit einer erhöhten Genaktivität.

Dadurch bilden sie vermehrt kleine Botenmoleküle, sogenannte mitochondriale tRNA. Von diesen gelangen wiederum Bruchstücke aus den Mitochondrien in die Spermien. Und  exakt diese mt-tsRNA getauften Moleküle greifen nach der Befruchtung einer Eizelle auf epigenetischem Weg in die Regulation der Gene des frühen Embryos ein.

Männliche Mäuse wurden zwei Wochen lang mit einer extrem fettreichen Diät ernährt, die binnen kurzer Zeit Vorstufen einer Art Diabetes auslöst. Direkt im Anschluss gezeugte Jungtiere bekamen trotz gewöhnlicher Ernährung ebenfalls einen gestörten Stoffwechsel. Der Nachwuchs normal ernährter Väter blieb hingegen gesund.

Wurden die Vatertiere vier Wochen früher zu fettreich und anschließend wieder normal ernährt, hatte auch das keinen negativen Effekt auf die Jungtiere. Zu diesem Zeitpunkt reifen die Spermien noch im eigentlichen Hoden heran. Dort scheinen sie unempfindlich für äußere Einflüsse zu sein.

Sind die Spermien aber im Nebenhoden angekommen, schalten sie ihre eigenen Gene weitgehend ab. Nur noch die Mitochondrien müssen weiter arbeiten. Diese werden aber nicht an die Kinder vererbt. Alle Säugetiere haben ihre Zellkraftwerke von der Mutter. Deshalb dachten Forschende bislang, die männlichen Mitochondrien kämen für eine biologische Vererbung egal welcher Art nicht in Frage. Das war offenbar ein Trugschluss, wie nun die neue Studie zeigt.

Bleibt noch die Frage, ob die Ergebnisse auf den Menschen übertragen werden können. Deshalb schauten die Forschenden in den Spermien menschlicher Männer nach: Und tatsächlich fanden sie dort umso mehr der gleichen mt-tsRNA wie in den überernährten Mäusen, je höher der Body Mass Index und damit das Übergewicht der Männer war.

Raffaele Teperino, einer der Hauptautoren der Studie sagt laut einer Pressemitteilung, man solle nun auch vermehrt über Programme zur „Gesundheitsvorsorge für Männer mit Kinderwunsch“ nachdenken: „Damit lässt sich das Risiko von Erkrankungen wie Adipositas und Diabetes bei Kindern verringern.“