Was epigenetische Uhren können

Christopher G. Bell et al.: DNA methylation aging clocks: challenges and recommendations. Genome Biology 20, 25.11.2019, doi: 10.1186/s13059-019-1824-y.

Im Oktober 2011 berichtete der Newsletter Epigenetik 04/2011 über einen „Speicheltest zur Altersbestimmung“. Der US-amerikanische Genetiker und Biostatistiker Steve Horvath hatte damals mit Kollegen die erste epigenetische Uhr vorgestellt. Dahinter verbergen sich Algorithmen, die das Muster der DNA-Methylierungen in Zellen auswerten und daraus unabhängig vom Zelltyp das Alter eines Menschen verblüffend genau bestimmen können. Horvaths Entdeckung machte eine steile Karriere, und auch er selbst optimiert sie bis heute. Längst spricht man sogar von der Horvath´schen Uhr. Zudem gibt es bereits die ersten Firmen, die auf der Basis ähnlicher Algorithmen Selbst-Tests für das biologische Alter anbieten. Sie informieren über das individuelle Alterungstempo und damit ein Stück weit auch darüber, wie gesund man insgesamt lebt. (Bei RiffReporter Erbe&Umwelt berichte ich ausführlich über einen Selbstversuch; Kurzfassung im Newsletter Epigenetik 31.)

Jetzt geben Steve Horvath und andere Epigenetiker*innen einen aufschlussreichen Überblick über all die epigenetischen Uhren, die bisher entwickelt wurden, mitsamt ihren Vor- und Nachteilen. So sei nicht jede Uhr auf jede Fragestellung optimiert. Wolle man die Gesundheit und Lebenserwartung eines Menschen gut abschätzen, könnten zusätzliche Informationen über den Lebensstil helfen. PhenoAge nutzt deshalb neben den epigenetischen auch altersabhängige physiologische Daten. GrimAge berücksichtigt unter anderem, ob die Befragten rauchen oder nicht. Beide Tests sind extra darauf ausgelegt, die Lebenserwartung und die verbleibende Zeit bei voller Gesundheit vorherzusagen.

Insgesamt sollten epigenetische Uhren also weiter optimiert werden. Aber sie helfen schon heute dabei, altersbedingte Veränderungen in kranken und gesunden Zellen besser zu verstehen. „DNA-Methylierungs-Uhren liefern einen einzigartigen Einblick in den Alterungsprozess, sie sind ein Biomarker für das biologische Alter und liefern Informationen zu dem Risiko für Alterskrankheiten“. So das Fazit der Experten. Mein Fazit: Steve Horvath ist längst ein Kandidat für den Medizin-Nobelpreis.