Christopher J. Cheng et al.: MicroRNA silencing for cancer therapy targeted to the tumour microenvironment. Nature, 17.11.2014, Online-Vorabpublikation.
Mikro-RNAs sind wichtige epigenetische Botenstoffe. Ihr Bauplan steckt in so genannten nichtkodierenden Abschnitten der DNA, das heißt, in Regionen, die keine Gene, sprich Baupläne für Proteine enthalten. Erzeugt die Zelle Mikro-RNAs, zieht sie passende Boten-RNAs aus dem Verkehr, die den Code eines aktiven Gens für den Bau neuer Proteine bereitstellen. Mit dieser so genannten RNA-Interferenz kann die Zelle also gezielt die Übersetzung eines Gens herunterregulieren, ohne das Gen selbst zu verändern.
Längst ist bekannt, dass auch Krebszellen Mikro-RNAs erzeugen. Mit ihrer Hilfe unterdrücken sie Gene epigenetisch, mit denen die Zelle ihre eigene Entartung bekämpfen möchte. Diese Onko-Mikro-RNAs versuchen Forscher schon lange mit Anti-RNAs zu bekämpfen, die sich gezielt an ihre bösen Vettern anlagern und sie unschädlich machen. Doch was in Theorie und Reagenzglas gut funktioniert, versagt in der Realität, da es nicht gelingt, die Anti-OncomiRs genannten neuen Wirkstoffe zielsicher in Krebszellen einzuschleusen.
Das könnte sich nun ändern, denn Forschern aus den USA gelang die Kopplung der neuen Wirkstoffe an eine bestimmte Substanz, der es im typisch sauren Milieu von Krebszellen gelingt, durch Zellmembranen hindurch zu schlüpfen. Mit Hilfe dieses pHILIP getauften Moleküls schleusten sie erfolgreich eine Anti-Mikro-RNA gegen die als Krebsauslöser bekannte OncomiR-155 in Lymphome von Mäusen ein. Nachdem sie die Substanz in die Nähe der Tumoren gespritzt hatten, verringerte sich in den Zellen die Aktivität der bösartigen Mikro-RNA, das Krebswachstum ging zurück und der Zustand der Mäuse besserte sich. Die Forscher hoffen nun auf eine neue Methode zum erfolgreichen Einsatz von Anti-Mikro-RNAs gegen Krebs.