Organismen können sich teils dramatisch verändern, ohne ihre Gene umzuschreiben. Das demonstriert nicht nur die Metamorphose der Insekten, etwa von der Raupe zum Schmetterling, sondern auch ein Effekt namens phänotypische Plastizität.
Wasserflöhe bilden zum Beispiel Dornen, wenn viele Mückenlarven im Wasser sind, die die Kleinkrebse fressen wollen. Ausgelöst wird die Wandlung durch Ausscheidungen der Larven. Sie verändern in bestimmten Zellen der Krebse die Epigenetik und damit die Art, wie die Gene reguliert werden.
Nun fanden Forschende aus New York, dass auch Stechmücken die phänotypische Plastizität beherrschen. Takeshi Morita und Kollegïnnen von der Rockefeller University untersuchten weibliche Mücken der Art Aedes aegypti, denen sie mit einem gentechnischen Eingriff den Geruchssinn geraubt hatten.
Erstaunlicherweise machte es den gefährlichen Überträgern von Krankheiten wie Zika-, Dengue- oder Gelbfieber dennoch kein Problem, Menschen zum Blutsaugen aufzuspüren. Die Insekten waren plötzlich in der Lage, ihre Opfer anhand der Wärme zu finden, die sie abstrahlen.
Doch nicht die lange bekannten Wärmesensoren an den Antennen der Tiere waren dafür verantwortlich, sondern bislang unbekannte sensible Zellen in den Vorderbeinen. Dort wurde offenbar als Reaktion auf den Ausfall des Riechsinns ein Gen heraufreguliert, dessen Aktivität die Zellen empfindlich für Wärme im Bereich menschlicher Haut machte.
Noch ist nicht bekannt, wie die Information über die ausgefallene Riechfähigkeit vom Kopf der Tiere in deren Beine gelangt. Unklar ist auch, welcher Mechanismus die Genaktivität heraufreguliert. Dass aber die Epigenetik ein Wörtchen dabei mitredet, ist wahrscheinlich. Irgendeine Botschaft scheint die Umgebung der Gene in den Zellen der Mückenbeine so zu verändern, dass sie ihr Programm wechseln und zu einem Sinnesorgan werden.