Es hat sich allmählich herumgesprochen, wie wichtig auch die dreidimensionale Faltung der einzelnen Chromosomen innerhalb des Zellkerns für die Regulation der Gene ist. Gene, die eher am Rand des Zellkerns aufgehängt sind, werden zum Beispiel schlechter abgelesen. Ähnlich ergeht es Genen, die in der Nähe eines Silencers liegen. Gene in der Nähe eines Enhancers werden hingegen verstärkt. Dabei spielt es übrigens keine Rolle, ob das regulierende Element auch im DNA-Code benachbart ist. Nur die räumliche Nähe ist entscheidend. So kann es auf einer anderen Schleife des gleichen Chromosoms oder sogar auf einem anderen Chromosom liegen. Jetzt hat ein schweizerisches Forscherteam um Erstautor Olivier Delaneau sich die Mühe gemacht, aus Daten von 317 Individuen und zwei Zelltypen zu berechnen, wie sich die räumliche Lage zahlreicher solcher genregulatorischer Elemente auf die Aktivität der Gene im Detail auswirkt.
Eine weitere wichtige Frage ist, wie die dreidimensionale Struktur des Erbguts im frühen Embryo überhaupt entsteht. Wird sie irgendwie geerbt oder bildet sie sich neu? Forscher*innen vom Helmholtz Zentrum München um Erstautorin Máté Borsos schauten sich jetzt mit Kolleg*innen die ersten Zellteilungen im Leben einiger Mäuse an und entdeckten, dass die 3-D-Struktur komplett neu gesetzt wird – also nicht geerbt ist. Direkt nach der Befruchtung beginnen die Chromosomen von Mutter und Vater mit Proteinen der Zellwand zu interagieren und bilden neue Komplexe. Dieser Prozess ist offenbar epigenetisch gesteuert, denn er funktioniert nur, wenn die passenden epigenetischen Enzyme vorhanden sind.