Wie lautet die beste Definition der Epigenetik?

Andreas Plagemann: Perinatale Programmierung, neuro-endokrine Epigenomik und präventive Medizin – Das Konzept der Vegetativen Prägung. Nova Acta Leopoldina NF 120, 2014, S. 197-225.

Im vergangenen Newsletter Epigenetik 3/2014 wurde eine denkbar knappe neue Definition der Epigenetik von Thomas Jenuwein, Freiburg, vorgestellt: „Epigenetik ist die Weitergabe erworbener Information ohne Veränderung der DNA-Sequenz.“ Die meisten früheren Definitionen lauteten ungefähr: „Die Epigenetik beschäftigt sich mit molekularbiologischen Informationen, die Zellen speichern und an ihre Tochterzellen weitergeben, die aber nicht im DNA-Code enthalten sind.“ Der Epigenetiker Michael Skinner formulierte es im Jahr 2010 folgendermaßen: „Die Epigenetik beschäftigt sich mit molekularen Prozessen im Umfeld der DNA, die die Aktivität des Genoms unabhängig von der DNA-Sequenz regulieren und mitotisch stabil sind.“ Mitotisch stabil bedeutet hier, dass die Prozesse Zellteilungen überstehen.

Dass es angesichts der rapiden Veränderungen des Gebiets schwierig ist, eine ebenso korrekte wie aktuelle und griffige Definition der Epigenetik zu finden, leuchtet ein. Da ist es bemerkenswert, zu welchem Fazit Andreas Plagemann, Leiter der Abteilung Experimentelle Geburtsmedizin an der Charité, Berlin, in einem Übersichtsartikel für die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina kommt. Plagemann entwirft das Konzept der „Vegetativen Prägung“, das die Erkenntnisse der Epigenetik mit dem neuesten Wissen über die Einflüsse der Umwelt auf die biologische Entwicklung neuen Lebens (perinatale Programmierung) verbindet.

Auf der Basis dieses Konzepts, das die epigenetische Welt nicht genetisch sondern entwicklungsbiologisch betrachtet, und deshalb die Weitergabe der epigenetischen Information für zweitrangig hält, findet er folgende Definition der Epigenetik: „Die Lehre von den Interaktionen der Gene mit ihren Produkten und der umweltabhängigen Determination und Modifikation der Genaktivität und Genexpressivität, die den Phänotyp bedingen.“

Was meinen Sie, liebe Leser: Welche Definition trifft es am besten? Vielleicht gelingt es uns ja, eine fruchtbare Diskussion zu diesem Thema anzustoßen. Der Autor und Herausgeber freut sich jedenfalls auf neue Kommentare und Vorschläge – und berichtet darüber gerne im nächsten Newsletter.