Von der Tumor-Epigenetik zu einer Systembiologie des Krebses

Andrew P. Feinberg & Andre Levchenko: Epigenetics as a mediator of plasticity in cancer. Science 379, 10.02.2023, eaaw3835.

Schon in den 1940er Jahren entwarf der britische Entwicklungsbiologe Conrad Waddington das Konzept der epigenetischen Landschaft. Danach erschaffen Gene eine Art Möglichkeitsraum, in den hinein sich Zellen und Organismen entwickeln können. Die Möglichkeiten – Phänotypen genannt – sind Täler, in die das Leben wie die Murmel in einer Murmelbahn hineinrollen kann. Die epigenetische Genregulation bestimmt oft unter dem Einfluss von Signalen aus der Umwelt, in welchem Tal die Murmel landet, welchen Phänotyp es also annimmt. Mit fortschreitendem Alter werden die Entwicklungsmöglichkeiten geringer. Die Zellen differenzieren aus und gelangen nicht mehr über die Berge der Landschaft hinweg in ein anderes Tal. Eine Nervenzelle kann zum Beispiel keine Hautzelle mehr werden.

Ganz anders bei Krebs: Die epigenetische Landschaft bösartiger Zellen flacht ab. Die Entropie der Zellen nimmt zu. Sie können viele neue Formen annehmen, werden oft expansiv, nahezu unsterblich und rücksichtslos.  Genau deshalb ist Krebs so gefährlich und sind Krebszellen selbst gleicher Tumor-Arten oft so unterschiedlich.

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