Victor Ambros & Gary Ruvkun

Zwei freundliche ältere Herren
Links: Gary Ruvkun (Bildrechte: Partners healthcare media team). Rechts: Victor Ambros (Bildrechte: UMass Chan Medical School).

Pressemitteilung der Nobelpreis-Organisation

Die US-amerikanischen Genetiker Victor Ambros, Professor an der University of Massachusetts Medical School, USA, und Gary Ruvkun, Professor am Massachusetts General Hospital und der Harvard Medical School, erhalten im Jahr 2024 den Nobelpreis in Physiologie oder Medizin. Beide teilen sich das Preisgeld in Höhe von 11 Millionen schwedischen Kronen (ca. 960.000 EUR). Der Preis wird am 10. Dezember 2024 in Stockholm, Schweden, verliehen.

Das Nobelpreiskomitee würdigt damit „die Entdeckung der mikro-RNA und ihre Rolle bei der posttranskriptionellen Genregulation“. Es ist damit der erste Nobelpreis, der ausdrücklich für die Entdeckung eines epigenetischen Mechanismus vergeben wird.

Im Jahr 1993 hatten die Forschenden erstmals über die Moleküle berichtet, die sie beim Fadenwurm Caenorhabditis elegans entdeckt hatten. Später fanden sie mit Kollegïnnen heraus, wie mikro-RNAs arbeiten und dass sie bei praktisch allen Lebewesen existieren. Allein aus menschlichen Zellen sind inzwischen mehr als tausend verschiedene Arten von mikro-RNA bekannt.

Eine mikro-RNA, meist als miRNA abgekürzt, ist ein 21 bis 23 Nukleotid-Bausteine langes, Molekül, das entsteht, indem ein entsprechend langer Teil der DNA abgelesen und in eine RNA übersetzt wird. Der Mechanismus der Übersetzung des Codes der DNA in den Code der RNA (Transkription) ist dabei der gleiche, wie bei der Entstehung einer sogenannten Boten-RNA (mRNA).

Anders als mRNAs enthalten miRNAs aber keine Bauanleitung für ein Protein und dienen nicht der Produktion solcher Lebens-Bausteine. Mikro-RNAs helfen stattdessen, die Übersetzung der Gene in Proteine zu regulieren. Sie entscheiden mit darüber, welche Gene einer Zelle in Proteine übersetzt werden und welche nicht. Damit gelten sie neben der DNA-Methylierung und der Histonveränderung (Histon-Code) als drittes zentrales epigenetisches Schalter- oder Dimmersystem.

Mikro-RNAs lagern sich an spiegelbildlich zu ihrem Code passende Boten-RNAs an und verhindern damit, dass deren Code als Vorlage für ein Protein dient. Dieser Mechanismus wird RNA-Interferenz genannt. Für seine Entdeckung und erste Ansätze einer Anwendung als Medikament, wurde schon im Jahr 2006 ein Nobelpreis vergeben. Ohne die jetzt ausgezeichnete Leistung wäre aber auch der damalige Preis gar nicht möglich gewesen.

Doch nicht nur deshalb scheint die diesjährige Auszeichnung mehr als überfällig: Es häufen sich Hinweise, dass miRNAs noch deutlich mehr Funktionen haben. So scheinen sie mitunter epigenetisch aktiven Enzymen den Weg zu weisen, an welcher Stelle der DNA sie in die Genregulation eingreifen sollen.