Neuer Algorithmus erkennt viele Typen von Hirntumoren

David Capper et al.: DNA methylation based classification of central nervous system tumours. Nature 555, 22.03.2018, S. 489-474.

Es gibt etwa hundert verschiedene Arten von Tumoren des Zentralnervensystems (ZNS), darunter vor allem Hirntumoren. Kein Wunder, dass es sehr schwierig ist, die Krankheit eines individuellen Patienten einem bestimmten Tumortyp zuzuordnen. Für optimale Behandlungen und zuverlässige Prognosen ist die korrekte Einordnung der Krankheit aber unerlässlich. Aus diesem Grund hat der Heidelberger Onkologe Stefan Pfister mit einer großen internationalen Schaar von Kolleg*innen in den vergangenen Jahren einen Algorithmus entwickelt, der anhand des epigenetischen Musters der angelagerten Methylgruppen (CH-3) an der Tumorzell-DNA zuverlässige Aussagen über die genauere Natur des Tumors erlaubt.

Zunächst entwickelten die Forscher ein Computer-Programm, das sich selbst mit Hilfe maschinellen Lernens immer mehr verbessert und versucht, das Muster der DNA-Methylierung von Tumoren einzuordnen. Nachdem sie dieses Programm mit Daten von 2.800 Patienten trainiert hatten, erkannte es zuverlässig 91 verschiedene Arten von ZNS-Tumoren. Dann testeten die Forscher das Programm an mehr als 1.100 Patienten und verglichen die Resultate mit klassisch per Pathologie erstellten Diagnosen. Dabei stellte sich heraus, dass die Pathologen in 12 Prozent der Fälle falsch gelegen hatten. Vor allem extrem seltene Unterarten des Krebses werden mit Hilfe des Algorithmus besser erkannt. Vermutlich hilft das Programm sogar dabei, neue Tumortypen zu entdecken.

Die Forscher wünschen sich nun, dass ihr Programm Eingang in die Routine-Diagnostik findet. Es existiert bereits eine Internetseite, auf der das Programm der Öffentlichkeit zur kostenlosen Nutzung zur Verfügung gestellt wird (www.molecularneuropathology.org). Außerdem sehen die Autoren in ihrem Ansatz „eine Blaupause für die Entwicklung ähnlicher auf maschinellem Lernen basierender Instrumente zur Tumor-Klassifikation weiterer Krebsarten“. Die neue Idee habe „das Potenzial, die Tumorpathologie grundlegend zu verändern“.