Volker Hovestadt et al.: Decoding the regulatory landscape of medulloblastoma using DNA methylation sequencing. Nature 510, 26.06.2014, S. 537–541. Paul A. Northcott et al.: Enhancer hijacking activates GFI1 family oncogenes in medulloblastoma. Nature 511, 24.07.2014, S. 428–434.
Medulloblastome sind die häufigsten Hirntumoren bei Kindern. Bislang war rätselhaft, warum man gerade bei den aggressiven Formen dieser Krebsart kaum systematische genetische Veränderungen findet. Gleich zwei mögliche Lösungen präsentierte jetzt ein Team des Internationalen Krebsgenom-Konsortiums ICGC unter Leitung der Heidelberger Peter Lichter und Roland Eils. Beide Publikationen erschienen im führenden Fachblatt Nature.
Eine epigenomische Analyse des Musters der DNA-Methylierungen ergab, dass bei Medulloblastomen an einer Reihe von Genen deutlich weniger Methylgruppen angelagert sind als bei gesunden Zellen. Das betrifft weniger die Steuerungsregion der Gene, als – was ungewöhnlich ist – vor allem die Gene selbst. Als Folge werden die Gene häufiger abgelesen, was fatal ist, denn unter den betroffenen Genen befinden sich auch bekannte Krebs-Auslöser.
Die zweite Studie enthüllt ein Phänomen, das bei Hirntumoren bisher noch nicht beschrieben wurde: Gerade bei den aggressivsten Medulloblastomen der Gruppen 3 und 4 sind Teile des Erbgutes so verändert, dass eines der Krebs-Gene GFI1 oder GFI1B nahe zu einer epigenetischen Verstärkereinheit (Enhancer) wandert. Das sonst ruhig gestellte Gen wird aktiv. Im Tierversuch belegten die Forscher zudem, dass GFI1B tatsächlich das Krebswachstum anregt. Sie hoffen nun auf die Entwicklung effektiver Medikamente gegen den gefährlichen Hirntumor. Substanzen, die GFI1 und GFI1B blockieren, werden bereits in präklinischen Tests erprobt.