Epigenetische Evolution bei Darwinfinken?

Michael K. Skinner et al.: Epigenetics and the evolution of Darwin’s Finches. Genome Biology and Evolution 2, 14.07.2014, S. 1972-1989.

Darwinfinken gelten als Paradebeispiel der Evolution. Die Vögel leben auf den Galapagos-Inseln, wo sie Charles Darwin einst aufspürte und annahm, die Auftrennung in unterschiedliche Arten sei auf die räumliche Isolierung durch das Inselleben zurückzuführen. Nun könnte die Tiergruppe erneut Evolutionsgeschichte schreiben. Der US-Amerikaner Michael Skinner hat sich mit Kollegen die Genome und Epigenome mehrerer Arten angesehen und Hinweise darauf gefunden, dass an der Evolution der Tiere nicht nur Veränderungen der DNA (Gen-Mutationen) beteiligt sind, sondern auch über Generationen weitervererbte Änderungen des epigenetischen Methylierungsmusters der DNA (Epimutationen).

Da epigenetische Markierungen auch dann, wenn sie an folgende Generationen vererbt werden, nicht den Code der DNA verändern, geht man gemeinhin davon aus, sie beeinflussten die Evolution der Arten nicht. Doch Skinners Messung zeichnet ein anderes Bild: Er konnte die fünf untersuchten Arten letztlich besser anhand ihrer epigenetischen Merkmale dem bislang akzeptierten Stammbaum zuordnen als anhand der analysierten Gen-Mutationen. Epigenetische Unterschiede zwischen den Arten waren nicht nur häufiger sondern auch prägnanter als genetische. Zudem regulierten sie oft Gene, die eine wichtige Bedeutung für die Entwicklung der Vögel haben.

Skinners Folgerung klingt logisch, ist aber provokativ: Es sei durchaus denkbar, dass epigenetische Veränderungen zur molekularbiologischen Basis der Evolution der Darwinfinken beigetragen haben. Das bedeutet aber auch, dass die generationsübergreifende Vererbung erworbener Eigenschaften entgegen der Annahme klassisch denkender Genetiker sehr wohl zur Entstehung neuer Arten beiträgt.