Charakterisierung pluripotenter Zellen

Christoph Bock et al.: Reference maps of human ES and iPS cell variation enable high-throughput characterization of pluripotent cell lines. Cell 144, 04.02.2011, S. 439-452.
Schwerpunktthema in Nature 471, 03.03.2011: Hussein et al., S. 58-62, Gore et al., S. 63-67, Lister et al., S. 68-73. Kommentar: Pera, S. 46-47.

Pluripotente menschliche Zellen gelten als große Hoffnungsträger, zunächst für die biomedizinische Forschung, langfristig aber auch für neuartige Therapien. Die gängigsten Gewinnungsmethoden dieser undifferenzierten „Tausendsassas“ sind die Kultivierung embryonaler Stammzellen (ES-Zellen) oder die Reprogrammierung ausdifferenzierter Körperzellen zu induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen). Einige Daten wiesen zuletzt jedoch auf epigenetische Unterschiede dieser Zelltypen hin, so dass bislang unklar ist, welche für die Forschung besser geeignet sind.
Jetzt haben Forscher um den Mitherausgeber dieses Newsletters, Alexander Meissner von der Harvard University, Referenzkarten vorgestellt, mit deren Hilfe man pluripotente Zellen in Zukunft charakterisieren kann. Die Epigenetiker entschlüsselten Methylierungsmuster und Genaktivitätsprofile von 20 ES- und 12 iPS-Zelllinien. Zunächst fielen große Gemeinsamkeiten auf, die die Zellen eindeutig als pluripotent kennzeichneten. In jeder Zelle fanden sich aber auch typische Abweichungen. Letztlich gab es innerhalb und zwischen beiden Gruppen Unterschiede.

Auf der Ebene der einzelnen Zelllinie war dabei nicht immer klar, welcher Gruppe sie epigenetisch zuzuordnen war. „ES- und iPS-Zellen sollten nicht mehr als ein oder zwei klar umrissene Punkte im Zellraum betrachtet werden“, folgern die Forscher. Sie seien eher zwei sich teilweise überlappende Punktwolken. Um das „revolutionäre“ Werkzeug der pluripotenten Zellen eines Tages „wirklich für die Verbesserung der menschlichen Lebensbedingungen nutzen zu können“, müsse man die Zelllinien in Zukunft noch besser einordnen, überwachen und selektieren können. Die vorgestellten Referenzkarten seien ein erster Schritt dahin.
Wie dringend eine weitere genetische und epigenetische Analyse pluripotenter Zellen ist, unterstreichen drei weitere Artikel, die Anfang März in Nature erschienen. Sie beschreiben deutliche Abnormalitäten bei iPS-Zellen auf der Ebene der Chromosomen, der Gene und der DNA-Methylierungen.