Jan Paul Medema: Escape from senescence boosts tumour growth. Nature 553, 04.01.2018, S. 37-38.
Ein internationales Forscherteam unter Leitung von Clemens Schmitt von der Charité, Berlin, entdeckte jetzt, dass auch erfolgreiche Chemotherapien gegen Krebs eine dunkle Seite haben können. Unter Umständen tragen Tumorzellen, die einer medikamentösen Behandlung entkommen, zu besonders aggressiven neuen Tumoren bei. Sollten diese, in Zellkulturen und Tierversuchen gewonnenen Erkenntnisse übertragbar sein, ließe sich in Zukunft der Effekt mancher Chemotherapie womöglich gezielt verbessern.
Ziel vieler Chemotherapien ist es, die Krebszellen in eine Art Ruhezustand zu überführen. Diese zelluläre Seneszenz ist nicht zuletzt die Folge einer massiven epigenetischen Umprogrammierung der Zellen, vor allem durch eine großflächige Histon-Methylierung (H3K9me3), mit der die Zelle auf das Chemotherapeutikum reagiert und viele Gene weniger gut aktivierbar macht. Jetzt zeigten die Forscher, dass einige der Umprogrammierungs-Schritte den Zellen nebenbei auch Eigenschaften verleihen, die für Stammzellen typisch sind. Weil diese jedoch besonders dynamisch und teilungsaktiv sind, entstehen nach Abschluss der Behandlung aus überlebenden seneszenten Zellen besonders aggressive Tumor-Rezidive.
Jan Paul Medena, Onkologe aus Amsterdam hebt deshalb in einem Begleitkommentar die positive Botschaft hervor, dass man dank dieses Wissens gängige Chemotherapien in Zukunft vielleicht mit einer Ergänzung noch effektiver machen könne. Schmitt und Kollegen zeigten nämlich auch, dass ein Mittel, das die Stammzellartigkeit der Krebszellen nach der Chemotherapie per Unterdrückung des Botenstoffs Wnt unterbindet, das Entstehen besonders schnell wachsender neuer Tumoren verhindert.