Uhr des Lebens

Bracha-Lea Ochana et al.: Time is encoded by methylation changes at clustered CpG sites. Cell Reports 44, 22.07.2025, 115958.

Seit der Deutsch-Amerikaner Steve Horvath im Jahr 2013 seine berühmte Horvath‘sche Uhr präsentierte, verändert sich unser Verständnis von Gesundheit und Altern. Beide Prozesse sind messbar geworden. Mit Chips, die an 353 Stellen der DNA zugleich erfassen, ob diese eine epigenetisch aktive Methylgruppe tragen oder nicht, lässt sich das Alter eines Menschen bis auf 3,6 Jahre genau bestimmen. Dank späterer Verbesserungen steigerte Horvath die Präzision seiner Uhr sogar auf bis zu 1,7 Jahre.

Was diese und ähnliche epigenetische Uhren so spannend für die Biomedizin macht, ist für die Strafverfolgung und auch für die Wissenschaft der inneren Uhren (Chronobiologie) ein Problem: Die Uhren messen vor allem das biologische Alter. Sie sind also zwangsläufig ungenau, weil die Umwelt und der Lebensstil ihr Tempo beeinflussen. Wer aufgrund eines gesunden Lebens – was auch immer das ist – langsamer altert als der Durchschnitt, ist nach den herkömmlichen epigenetischen Uhren auch jünger als dieser.

Jetzt präsentierte ein Team von der Hebrew University in Jerusalem, Israel, eine neue epigenetische Uhr, die offenbar das chronologische Alter und nicht das biologische Alter erfasst. Unbekannte Personen, die Straftaten begangen haben, könnten damit leichter gefunden werden. Und es könnten sich aus den Ergebnissen wichtige Hinweise auf ein biologisches Programm zur Messung der Zeit ergeben.

Bis heute ist nämlich völlig unklar, wie es zum Beispiel allen Pflanzen einer Bambus-Art gelingt, überall auf der Welt exakt zur gleichen Zeit nach 120 Jahren zu blühen. Die neue Studie legt nun nahe, dass auch dafür die Epigenetik zuständig ist. Die Forschenden entdeckten mit Hilfe eines Deep Learning genannten Verfahrens der Künstlichen Intelligenz eine kleine Gruppe von Stellen an der DNA, deren Epigenetik sich im Laufe der Zeit unbeeinflusst von Umwelteinflüssen aller Art verwandelt.

Gut möglich, dass es sich um eine Uhr des Lebens handelt. Eine Uhr allerdings, die mit zunehmenden Alter unpräziser wird: Bei jungen Menschen geht sie noch auf 0,9 Jahre genau, bei Mittelalten sind es knapp 1,4 Jahre und bei älteren Menschen 1,7 Jahre.