Johannes Bohacek et al.: Pathological brain plasticity and cognition in the offspring of males subjected to postnatal traumatic stress. Molecular Psychiatry, 05.08.2014, Online-Vorabpublikation. Elizabeth J. Radford et al.: In utero undernourishment perturbs the adult sperm methylome and intergenerational metabolism. Science, 10.07.2014, Online-Vorabpublikation.
Noch im Mai erschien eine Studie, die nahe legt, dass so genannte Mikro-RNAs, die Mäuse mit dem Sperma an ihre Nachkommen weitergeben, als epigenetische Boten Informationen über prägende Umweltanpassungen an die nächste Generation vererben (siehe Newsletter Epigenetik 02/2014). Jetzt fand die gleiche Arbeitsgruppe der ETH und Universität Zürich heraus, dass Umwelteinflüsse auch das Muster der DNA-Methylierungen in den Keimzellen verändern können. Johannes Bohacek und Kollegen untersuchten männliche Mäuse, die in früher Kindheit traumatisiert wurden. In bestimmten Gehirnzellen zeigten sowohl die früh gestressten Mäuse als auch ihre Nachfahren ein auffälliges Genaktivitätsmuster, das vermutlich in beiden Generationen messbare psychische Besonderheiten hervorruft. Die epigenetische Steuerungsregion eines beteiligten Gens war tatsächlich sowohl in den Gehirnzellen der Nachkommen als auch im Sperma der traumatisierten Väter systematisch verändert: Nur wenige Methylgruppen waren angelagert.
Unklar bleibt, wie diese Information die Phase der Löschung des DNA-Methylierungsmusters unmittelbar nach der Befruchtung übersteht. Doch hier hilft vielleicht eine andere Studie weiter: Elizabeth Radford aus Cambridge, Großbritannien, und Kollegen setzten trächtige Mäuse einer Mangelernährung aus. Dadurch wurden auch die Embryos unterernährt, waren später kleiner als Artgenossen und hatten ein hohes Diabetes-Risiko. Das gleiche galt dann sogar für die Nachkommen der nächsten Generation, obwohl deren Mütter normal ernährt wurden.
Als mögliche epigenetische Boten fanden die Forscher auch hier deutliche Veränderungen im DNA-Methylierungsmuster des Spermas. Dieses Mal waren allerdings auch Stellen betroffen, die von der Reprogrammierung nach der Befruchtung ausgenommen sind. Noch eine Generation weiter reichte die Macht der Mangelernährung aber nicht: Obwohl die Botschaft bei den Kindern der als Embryos unterernährten Väter angekommen war, fand sich in ihren Keimzellen kein auffälliges epigenetisches Muster mehr. Die Nachkommen der nächsten Generation sollten also unverändert sein. Dieses Prinzip macht Sinn, denn eine epigenetisch geprägte Umweltanpassung ist nur solange von Vorteil, wie es auch wahrscheinlich ist, dass sich die Umwelt nicht wandelt. Die Ernährung des Vaters als Embryo mag demnach noch sinnvolle Botschaften für seine Kinder enthalten, für seine Enkel aber schon nicht mehr.