Die einzigartigen Kelly-Zwillinge

Der NASA-Astronaut Scott Kelly (rechts) und sein eineiiger Zwillingsbruder Mark Kelly (links) (Bildrechte: NASA / Robert Markowitz).

NASA Pressemitteilung: NASA Twins Study Confirms Preliminary Findings, 15.03.2018.

Der NASA-Astronaut Scott Kelly (rechts) und sein eineiiger Zwillingsbruder Mark Kelly (links) (Bildrechte: NASA / Robert Markowitz).

Mark und Scott Kelly sind einzigartig. Als eineiige Zwillinge haben sie nahezu identische Gene. Doch damit nicht genug: Scott ist Astronaut. Er verbrachte ab März 2015 fast ein ganzes Jahr in der internationalen Raumstation ISS. Sein Bruder Mark blieb auf der Erde. Eine perfekte Versuchsanordnung, denn Forscher können nun ungeahnt präzise messen und mit einer idealen Kontrolle vergleichen, welche Auswirkungen das Leben im Weltraum auf einen Menschen hat und wie lange es hinterher dauert, bis sich die Biologie wieder normalisiert.

Noch sind kaum Daten des außergewöhnlichen Experiments ausgewertet und veröffentlicht. Doch manches gab die US-amerikanische Raumfahrtbehörde NASA vorab bekannt. Zunächst diagnostizierte man bei Scott Kelly nach seiner Rückkehr die üblichen Veränderungen: Das Immunsystem, die Augen, sogar das Gehirn und die Körpertemperatur hatten sich gewandelt. Doch diese Anpassungen normalisierten sich rasch. Ganz anders erging es Scott mit der Aktivität des Erbguts: Rund sieben Prozent seiner Gene wurden in den Zellen deutlich stärker oder schwächer abgelesen und in Proteine übersetzt als bei seinem Bruder Mark oder bei ihm selbst in der Zeit vor dem Weltraumaufenthalt. Auch dieser Befund überraschte noch nicht. Klar, dass andere Gene aktiv sind, wenn sich auch die Organe wandeln. Doch anders als die organischen Veränderungen scheinen die genetischen bestehen zu bleiben. Als die Forscher den Astronauten sechs Monate später nämlich erneut untersuchten, staunten sie nicht schlecht: Das veränderte Aktivitätsmuster der Gene war geblieben.

Scott Kellys Zellen arbeiteten sozusagen noch immer im Weltraummodus. Hier kommt natürlich die Epigenetik ins Spiel. Dass sie den Zellen ein Gedächtnis für Umwelteinflüsse schenkt, das ihnen dabei hilft, auf zukünftige Herausforderungen besser vorbereitet zu sein, dürfte Lesern des Newsletter Epigenetik nichts neues sein. Scott und Mark sind noch immer eineiige Zwillinge mit einer fast identischen DNA. Aber auf der zweiten genetischen Ebene sind die Zwillinge zumindest ein wenig unterschiedlichere Menschen geworden: Ihre Epigenetik stimmt weniger gut miteinander überein. Scotts Vergangenheit hat Spuren im Erbgut der Zellen hinterlassen. Dort sind an vielen Stellen andere Abschnitte auf aktivierbar geschaltet als vor dem Flug ins All. Man darf gespannt sein auf die endgültigen Ergebnisse des Experiments. Und natürlich wird an dieser Stelle darüber berichtet.