Ist Bewegung in der Schwangerschaft besonders wichtig?

Forscher im Labor mit Fahrrad
Zellbiologe Zhen Yan verordnet nicht nur Labormäusen Bewegung. Er liebt Sport auch selbst. (Bildrechte: Jackson Smith / UVA Health)

Rhianna C. Laker et al.: Exercise during pregnancy mitigates negative effects of parental obesity on metabolic function in adult mouse offspring. Journal of Applied Physiology 130, 11.03.2021, S. 605-616.

Stoffwechselerkrankungen wie Typ-2-Diabetes und starkes Übergewicht nehmen in den meisten Ländern zu. Als mögliche Ursache gilt, dass sich Folgen übermäßiger und unausgewogener Ernährung ein Stück weit auf Nachkommen übertragen. Dieser Newsletter beschäftigt sich deshalb immer wieder mit der Weitergabe des elterlichen Risikos für Übergewicht an folgende Generationen, zuletzt im Beitrag Epigenetische Vererbung von Übergewicht in Ausgabe 33.

Forscher im Labor mit Fahrrad
Zellbiologe Zhen Yan verordnet nicht nur Labormäusen Bewegung. Er liebt Sport auch selbst. (Bildrechte: Jackson Smith / UVA Health)

Zahlreiche Analysen bei Menschen und noch mehr Experimente mit Nagetieren zeigen, ein Teil der Risiken wird während der so genannten perinatalen Prägung weitergegeben, also durch epigenetische Anpassungen des Nachwuchses an Einflüsse aus dem Mutterleib und während der ersten Monate nach der Geburt. Vermutlich trägt zudem die epigenetische Vererbung bei, also die direkte Weitergabe von Umweltanpassungen der Eltern über Ei- und Samenzellen an Kinder und vielleicht sogar Enkel und Urenkel.

Jetzt haben Forscher*innen um Zhen Yan von der University of Virginia in Charlottesville, USA,  diese Erkenntnisse in einer Studie mit Mäusen bestätigt und zudem einen Ansatz gefunden, wie man die fatale Kaskade mit einer vergleichsweise einfachen Maßnahme unterbrechen könnte: Hatten weibliche Mäuse ausschließlich während der Trächtigkeit viel Bewegung, war das Erkrankungsrisiko ihrer Jungtiere bis ins Erwachsenenalter normal – egal ob Mutter oder Vater fehlernährt und übergewichtig waren. Könnte man diese Resultate auf den Menschen übertragen, dürften zukünftige Präventionsmaßnahmen daran ansetzen, Bewegungsprogramme für Schwangere beson-
ders attraktiv zu machen. Bislang wird Frauen vor allem empfohlen, ihr Gewicht zunächst zu normalisieren und erst dann schwanger zu werden. Auf das Übergewicht der Väter wird zudem kaum geachtet.

Die Forscher*innen zeigen zunächst, dass sich Bewegungsmangel und zu fettreiche Ernährung bei väterlichen und mütterlichen Elterntieren in der Epigenetik der Nachkommen niederschlägt und das Risiko für Stoffwechselkrankheiten erhöht. Die Übertragung des Risikos erfolgt aber auf verschiedenen Wegen, und es spielt eine gewisse Rolle, welches Geschlecht das übergewichtige Elterntier und das beobachtete Jungtier haben. Entscheidend ist jedoch, dass sich all diese Effekte alleine dadurch unterbinden lassen, dass sich das trächtige Muttertier auf einem Laufrad austoben kann. „Regelmäßige Bewegung ist möglicherweise die vielversprechendste Interventionsmaßnahme, um die Pandemie der chronischen Krankheiten zurückzudrängen“, sagt Zhen Yan, „denn sie kann den Teufelskreis der Krankheitsübertragung von Eltern auf ihre Kinder unterbrechen.“