Thomas Jenuwein: In memoriam David Allis (1951 – 2023). MPI-IE, Freiburg, 24.01.2023.
Shelley L. Berger: C. David Allis (1951 – 2023). Science 379, 16.02.2023, S. 645.
Rockefeller University: Remembering a pioneer of chromatin biology. 14.01.2023.
Der US-amerikanische Molekularbiologe Charles David Allis, Entdecker des ersten Enzyms, das Histonproteine modifiziert und damit auf epigenetischem Weg in die Genregulation eingreift, starb am 8. Januar 2023 im Alter von 71 Jahren in Seattle, USA. Er war „Champion der modernen Chromatinbiologie“ (Science), „Pionier der Chromatinbiologie“ (Rockefeller University) und „Vater der Histonmodifikation, König des Chromatins“ (Thomas Jenuwein, MPI-IE Freiburg).
So steht es in den wichtigsten Nachrufen aus der Fachwelt. Sie lassen keinen Zweifel: In David Allis ist ein richtig Großer seiner Zunft gestorben, ein visionärer Forscher und ein faszinierender Mensch. Der Molekularbiologe hat unseren Blick auf das Leben verändert. Er hat herausgefunden, wie das Erbe mit der Umwelt spricht – und umgekehrt. Er galt zu Recht als Kandidat für den Nobelpreis für Physiologie und Medizin.
David Allis fand im Jahr 1996 beim Einzeller Tetrahymena ein Enzym, eine sogenannte Histonacetyltransferase, die Acetylgruppen (C-O-C-H3) gezielt an eine bestimmte Stelle eines bestimmten Histons anlagert. Dem Wimpertierchen entriss er damit ein Geheimnis, das so oder so ähnlich fast alle Organismen hüten. Ihre Nukleosomen können sich verändern. Sie machen das manchmal sogar als Reaktion auf Signale aus der Außenwelt. Und sie entscheiden damit, welche Gene eine Zelle benutzen kann und welche nicht.
David Allis war also der Erste, der herausfand, dass Zellen die Umgebung ihrer DNA gezielt verändern und als Werkzeug zur Regulation ihrer Gene einsetzen können. Seine Erkenntnis gab den Startschuss für die Entdeckung zahlreicher anderer Histon-modifizierender Enzyme. Sie alle haben etwas unterschiedliche Funktionen. Manche helfen sich gegenseitig, andere arbeiten eher gegeneinander. Allen gemein ist, dass die Zellen sie benutzen, um aus ihrem genetischen Code das Maximum an Wandelbarkeit, Anpassungsfähigkeit und Potenzial herauszuholen.
Thomas Jenuwein, Direktor am Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg schreibt in einem persönlichen Nachruf, die Gemeinschaft der Chromatinforscher*innen stehe „auf den Schultern eines Giganten“. Er und sein Team würden „einen der inspirierendsten Wissenschaftler und echten Freund“ vermissen. „Sein Vermächtnis wird für immer leuchten.“
Eine ausführliche Version dieses Beitrags lesen Sie im RiffReporter Themenmagazin Erbe&Umwelt.