Flüssige Biopsie wird immer besser

Pier Vitale Nuzzo et al.: Detection of renal cell carcinoma using plasma and urine cell-free DNA methylomes. Nature Medicine 26, 22.06.2020, S. 1041-1043.

Farshad Nassiri et al.: Detection and discrimination of intracranial tumors using plasma cell-free DNA methylomes. Nature Medicine 26, 22.06.2020, S. 1044-1047.

Im Newsletter Epigenetik 30 (11/2018) berichtete ich über eine neue Art, frühzeitig und ohne Eingriff bösartige Tumorzellen zu erkennen und zu charakterisieren. Bei der Krebsfrüherkennung im Blut, auch als flüssige Biopsie bezeichnet, handelt es sich um ein Verfahren, das epigenetische Markierungen an DNA-Fragmenten liest, die frei im Blut oder Urin schwimmen. Die DNA stammt von den Tumorzellen. Und aus dem Muster, das daran angelagerte Methylgruppen bilden, lässt sich auf den Krebs zurückschließen. Ein Vorteil des Verfahrens ist, dass schon geringe DNA-Mengen für relativ eindeutige Diagnosen ausreichen. Methoden, die den DNA-Code selbst lesen und nach krebstypischen Gen-Mutationen suchen, benötigen größere Erbsubstanz-Mengen.

Jetzt haben die Entwickler der neuen Methode weitere Einsatzfelder präsentiert. Die ersten Ergebnisse stimmen zuversichtlich, dass sich das Verfahren eines Tages etablieren könnte und die Krebsdiagnostik für alle Seiten erträglicher und aussagekräftiger macht. Pier Vitale Nuzzo und Kolleg*innen analysierten DNA aus dem Urin von Menschen und gewannen Hinweise auf das Vorhandensein und die Art von Nierenzell-Karzinomen. Bislang gebe es keinen zuverlässigen Früherkennungstest für diese Krebsart, schreiben sie und hoffen, ihr Verfahren könnte das bald ändern.

Die zweite Publikation stammt von Farshad Nassiri und Kolleg*innen. Ihnen gelang es, mit einer flüssigen Biopsie von Blut aussagekräftige Rückschlüsse auf die Art und Aggressivität von Tumoren des Schädelraums zu gewinnen. Zum Beispiel ließen sich Gliome deutlich von solchen Gehirn-Tumoren unterscheiden, die auf Metastasen anderer, außerhalb des Gehirns liegender Krebse zurückgingen. Solche Erkenntnisse sind wichtig, weil die Entnahme von Gewebeproben im Gehirn gefährlich sein kann. Oft greifen Ärzt*innen deshalb auf schonende bildgebende Verfahren zurück. Deren Aussagekraft ist aber begrenzt, so dass die Analyse des DNA-Methylierungsmusters der DNA im Blut wichtige zusätzliche Informationen liefern kann.