Hans J. Rolf et al.: Intercellular transport of Oct4 in mammalian cells: A basic principle to expand a stem cell niche? PLoS one 7, 02/2012, e32287.
Stammzellforscher haben erst vor wenigen Jahren gelernt, Körperzellen in induzierte pluripotente Stammzellen (iPS-Zellen) zurückzuprogrammieren. Jetzt fanden Physiologen von der Universität Göttingen heraus, dass die Natur diesen Trick längst beherrscht: Wenn Hirschen wie jedes Jahr ein neues Geweih wächst, geben Stammzellen an dessen Basis den Transkriptionsfaktor Oct4 über Zellkontakte an andere Zellen ab. Die Auswüchse erreichen dabei sogar Zellen, die erstaunlich weit entfernt liegen, nämlich einige 100 Mikrometer. Dadurch reprogrammieren sich die Körperzellen, so dass vermehrt Vorläuferzellen zur Verfügung stehen und sich das Geweih rasch erneuern kann. Oct4 ist eine der Substanzen, mit denen auch Forscher Körperzellen reprogrammieren. Der Transkriptionsfaktor verändert Genaktivitätsmuster und Epigenetik der Zelle und macht sie dadurch stammzellähnlich, weshalb er auch als Pluripotenzfaktor bezeichnet wird. Die Göttinger vermuten, ein generelles Prinzip gefunden zu haben, mit dem die wenigen, meist in so genannten Stammzell-Nischen sitzenden pluripotenten Zellen eines Gewebes im Bedarfsfall weitere stammzellähnliche Zellen erzeugen können. Das dürfte die Regeneration großer Gewebe- oder Organteile überhaupt erst ermöglichen.
Bild: Geweihstammzellen suchen auch über größere Entfernungen den direkten Kontakt zu anderen Zellen. Über diese Kontakte geben sie den Transkriptionsfaktor Oct4 ab (Bildrechte: Hans Joachim Rolf, Universitätsmedizin Göttingen).