Sind Traumata vererbbar?

Tamara B. Franklin et al.: Epigenetic transmission of the impact of early stress across generations. Biological Psychiatry 68, 01.09.2010, S. 408-415.

Über die Frage, ob epigenetisch fixierte Umweltanpassungen auch bei Säugern an kommende Generationen vererbt werden können, wird heftig gestritten. Nun lieferte ein Team um die Züricher Hirnforscherin Isabelle Mansuy mit einer Studie über die Folgen chronischen schweren Stresses in frühester Kindheit weiteren Diskussionsstoff. Die Forscher entfernten Mäuse in den ersten zwei Wochen täglich für drei Stunden von ihren Müttern. Danach zeigten die Tiere zeitlebens depressionsähnliche Symptome. Dieses Resultat ist nicht neu und wird auf eine epigenetisch bedingte erhöhte Stressanfälligkeit zurückgeführt. Mansuy und Kollegen fanden aber darüber hinaus, dass die Nachfahren der betroffenen männlichen Mäuse sogar bis in die dritte Folgegeneration einen Teil der gleichen Symptome wie ihre Väter zeigen – und das, obwohl sie völlig normal aufgezogen wurden.

Die Vermutung, dass die epigenetischen Folgen der frühkindlichen Traumatisierung vererbt worden sind, liegt nahe. Und sie wird von einem weiteren Befund untermauert: Mansuy und Kollegen fanden einige der typischen Veränderungen des DNA-Methylierungsmusters auch in den Spermien der traumatisierten Mäuse. Die Züricherin hält es für wahrscheinlich, dass ihre Resultate auf den Menschen übertragbar sind: „Die Symptome, welche die gestörten Mäuse zeigten, sind auch bei Borderline-, Depressions- oder Schizophrenie-Patienten sehr prominent vertreten.“