Neuartiges Mittel bekämpft Herzschwäche

Qiming Duan et al.: BET bromodomain inhibition suppresses innate inflammatory and profibrotic transcriptional networks in heart failure. Science Translational Medicine 9, 17.05.2017, eaah5084.

Herzinsuffizienz ist nicht nur eine der häufigsten inneren Erkrankungen unserer Zeit, sondern auch eine der gefährlichsten. Vier von zehn Patienten überleben die Diagnose nicht länger als fünf Jahre. Offenbar gibt es noch keine für alle Menschen effektive Therapie, wenn das Herz etwa in Folge eines Herzinfarkts oder einer Herzmuskelentzündung nicht mehr stark genug ist. Deshalb suchen Experten schon lange nach neuen Gegenmitteln. Auf der einen Seite gilt es dabei, entzündliche, das Herzgewebe schädigende Prozesse zu unterbinden. Gleichzeitig darf aber die ohnehin fast unmögliche Bildung neuer und die Stärkung bestehender gesunder Herzmuskelzellen nicht behindert werden. Genau dieses Anforderungsprofil scheint einer aktuellen Studie aus den USA zufolge eine neue epigenetisch wirksame Substanz zu erfüllen.

Qiming Duan vom Gladstone Institute of Cardiovascular Disease in San Francisco und Kollegen nahmen sich den Stoff JQ1 vor, einen vielversprechenden Entwicklungskandidaten, der bislang vor allem im Kampf gegen verschiedene Krebsarten aber auch als potenzielles Verhütungsmittel für Männer Hoffnungen weckt und bereits in klinischen Studien an Menschen getestet wird (siehe z. B. Newsletter Epigenetik 01/2017: Hoffnung auf epigenetische Therapie gegen Hodenkrebs; oder 03/2015: Epigenetischer Doppelschlag gegen Pankreaskarzinom). Dieser Stoff hemmt epigenetisch aktive Proteine aus der Gruppe der Bromodomains. Deren Aufgabe besteht darin, Acetylgruppen im Histon-Code zu erkennen und gemeinsam mit bestimmten Enzymen die Genaktivität zu verändern. Nun zeigte sich, dass eine Hemmung des Histon-Code-Lesers in zwei verschiedenen Gruppen von Mäusen, die aus unterschiedlichen Gründen eine Herzinsuffizienz hatten, die Genregulation so verstellt, dass die zerstörerische Entzündung zurückgeht. Eine gesunde Regeneration des Herzmuskels behinderte der Wirkstoff aber nicht. Insgesamt bremste JQ1 die Aktivierbarkeit von 193 Genen aus, die an der Verstärkung zweier fataler Entzündungskreisläufe beteiligt sind.

Dass sich die Resultate wahrscheinlich auf den Menschen übertragen lassen, folgern die Forscher aus der Beobachtung, dass JQ1 in kultivierten menschlichen Herzzellen (siehe Abbildung) eine vergleichbare Wirkung hat. Ihr Fazit: Offenbar ist der Einsatz epigenetischer Medikamente eine wichtige und hoffnungsvolle neue Strategie im Kampf gegen Herzinsuffizienz. Man solle die Entwicklung und den Einsatz derartiger Mittel also weiter vorantreiben.

Foto: Herzmuskelzellen, die aus menschlichen pluripotenten Stammzellen gewonnen wurden. Auf solche Zellen wirkt das neue epigenetische Mittel ähnlich wie auf Herzzellen von Mäusen mit Herzinsuffizienz (Bildrechte: Q. Duan et al., Science Translational Medicine, 2017).