Intro zur Ausgabe 2/16, Juli 2016

Peter Spork (C) Franka Frischling 2016(Hamburg, den 7. Juli 2016) Zu den Bereichen, die von der Epigenetik besonders profitieren, gehört zweifelsohne die Biopsychologie. Gleich fünf Meldungen in diesem Newsletter kreisen um die Themen Traumatisierung, Depression, Stress und Schizophrenie. Doch diese Häufung wundert nicht. Immerhin scheint die Epigenetik tatsächlich Lösungen anzubieten für einige besonders spannende, fast schon existenzielle Fragen, die uns Menschen seit jeher tief bewegen: Was ist die biologische Verbindung zwischen dem Leben in Armut und einem erhöhten Depressionsrisiko? Was macht manche Menschen resilienter als andere? Kann man Menschen auch im Alter noch anmerken, wenn sie in früher Kindheit leiden mussten? Kann man Persönlichkeitsmerkmale und psychische Eigenschaften womöglich biologisch messen?

Epigenetiker finden immer mehr molekularbiologische Spuren, die dabei helfen, solche Fragen zu beantworten. Manche dieser Spuren scheinen auf dem Weg zum handfesten Biomarker zu sein. Und wenn der erstmal gefunden ist, dann verändert sich die gesamte Psychologie. Denn dann gibt es zumindest theoretisch auch einen epigenetischen Test, der den Erfolg oder Misserfolg einer Psychotherapie erfasst, oder das Suizidrisiko eines Menschen quantifiziert, oder unter Soldaten jene für den Kriegseinsatz auswählt, die das geringste Risiko für eine Posttraumatische Belastungsstörung haben. Und so fort.

Ob diese Entwicklungen zu begrüßen sind, müssen wir diskutieren. Doch zuvor sollten die Epigenetiker ohnehin noch einige Hausaufgaben erledigen: Noch sind manche der Resultate uneinheitlich, viele Studien recht klein, die physiologischen Zusammenhänge oft unklar. Vor allem aber fehlt der wasserfeste Beleg dafür, dass die epigenetischen Veränderungen, die man im menschlichen Blut oder der Mundschleimhaut findet, auch wirklich das Geschehen in den relevanten Arealen des Gehirns reflektieren.

Vieles spricht allerdings dafür, dass die Forscher auch diese Hürden Stück für Stück nehmen werden. Epigenetiker sind nun mal ein äußerst innovatives Volk – und Biopsychologen sind es auch.

Herzlich, Ihr Peter Spork